Um Obdachlosigkeit wirksam zu bekämpfen, braucht es mehr als gute Absichten – es braucht belastbare Daten. In Kanada sorgt das Programm „Point-in-Time Count“ (PiT Count) für genau diese Grundlage. Die Erhebung liefert auf lokaler wie nationaler Ebene wichtige Einblicke in das Ausmaß und die Struktur von Obdachlosigkeit im Land.
Was ist ein Point-in-Time Count?
Der PiT Count ist eine umfassende Momentaufnahme der Obdachlosigkeit an einem bestimmten Tag – meist über Nacht – in einer festgelegten geografischen Region. Dabei werden sowohl menschen in Notunterkünften und Übergangswohnheimen als auch Personen in unsicheren oder öffentlichen Schlafplätzen erfasst.
Zusätzlich zur reinen Zählung umfasst der PiT Count auch eine standardisierte Befragung von Betroffenen. Diese liefert Erkenntnisse über Lebensumstände, Ursachen der Obdachlosigkeit und spezifische Bedürfnisse – ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung wirksamer Präventions- und Unterstützungsangebote.
Wer kann teilnehmen?
Prinzipiell kann jede kanadische Gemeinde am PiT Count teilnehmen. Gemeinden, die dem Programm „Reaching Home“ zugeordnet sind, führen den PiT Count verpflichtend durch. Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Housing, Infrastructure and Communities Canada sowie mit Expert:innen aus Datenanalyse, Sozialarbeit und verwandten Fachgebieten.
Wozu dient der PiT Count?
Die gesammelten Daten unterstützen Gemeinden dabei:
- besonders betroffene Bevölkerungsgruppen zu identifizieren
- Wege in die Obdachlosigkeit besser zu verstehen
- gezieltere Präventionsmaßnahmen zu entwickeln
- Ressourcen dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden
- die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren
Der PiT Count ist darüber hinaus eng mit dem Coordinated Access (CA)-Ansatz verknüpft. Dabei hilft die Erhebung, lokale Datenbanken wie die Unique Identifier List (UIL) zu validieren und zu ergänzen. Auch Personen, die bisher keine Hilfe in Anspruch genommen haben („hidden homeless“), können durch den PiT Count erstmals erfasst werden.
Unterstützungsangebote für teilnehmende Gemeinden
Um eine einheitliche Erhebung sicherzustellen, stellt die kanadische Regierung zahlreiche Werkzeuge zur Verfügung:
- Teilnahmestandards und Umfrageleitfäden
- Toolkit des Canadian Observatory on Homelessness
- Homelessness Learning Hub – zentrale Plattform für Schulungsmaterialien
- Homeless Individuals and Families Information System (HIFIS) – zur sicheren Datenerfassung
Diese Tools unterstützen nicht nur bei der Durchführung des PiT Counts, sondern fördern auch die Vernetzung und den Wissenstransfer zwischen den teilnehmenden Gemeinden.
Ergebnisse aus bisherigen Erhebungen
Die Resultate vergangener Zählungen, wie z. B. aus „Everyone Counts 2020–2022“, zeigen, dass Substanzgebrauch, psychische Gesundheit und systemische Ungleichheiten häufige Faktoren für Obdachlosigkeit sind. Die erhobenen Daten dienen als Entscheidungsgrundlage für Regierung, Verwaltung und soziale Organisationen gleichermaßen.
Fazit
Mit dem „Point-in-Time Count“ hat Kanada ein System etabliert, das nicht nur Zahlen liefert, sondern auch den Menschen hinter den Statistiken eine Stimme gibt. Für Politik und Gesellschaft ist der PiT Count ein entscheidender Baustein auf dem Weg zu einer wirksamen und nachhaltigen Obdachlosenhilfe.
Quelle:
Government of Canada – Point-in-Time Counts of Homelessness
🔗 housing-infrastructure.canada.ca – PiT Count